Tätigkeitsbericht des Präsidenten und der Geschäftsstelle für das Jahr 2022 zu Handen der Stiftungsaufsicht
Nach zwei anspruchsvollen Jahren, in denen sich der Stiftungsrat der Stiftung arboa nur sporadisch direkt treffen konnte und sich immer wieder mit Sitzungen über elektronische Medien oder mit Korrespondenzentscheiden behelfen musste, konnte im Jahr 2022 wieder der ordentliche Stiftungsbetrieb aufgenommen werden.
Die Stiftung führt in der Region Biel-Seeland sozialpädagogische Kleininstitutionen mit familiärem Charakter. Aktuell ist sie Trägerschaft von drei Einrichtungen zur mittel- und langfristigen Platzierung von Pflegekindern mit insgesamt 28 Plätzen. Diese befinden sich in Aarberg, Biel-Bözingen und Safnern und verfügen über eine Betriebsbewilligung des Jugendamts des Kantons Bern. Die Stiftung Arboa hat per 1.1.2022 mit dem Kantonalen Jugendamt einen Leistungsvertrag abgeschlossen, der festlegt, welche Leistungen die drei Einrichtungen erbringen können und welchen Preis sie dafür in Rechnung stellen dürfen.
In der Berichtsperiode traf sich der Stiftungsrat zu drei Sitzungen, an denen die ordentlichen Geschäfte beraten wurden, davon ein Mal zu einer ausführlicheren Retraite im Restaurant Gottstatterhaus am Bielersee. Zudem fanden zwei Sitzungen gemeinsam mit den Leiterpaaren der drei Einrichtungen statt, die hauptsächlich dem Informationsaustausch dienten. An der zweiten wurde der formelle Teil stark abgekürzt, dafür spielten der Stiftungsrat und die sechs Kaderleute unserer Betriebe gemeinsam einige Partien Pétanque und genossen ein feines Nachtessen. Solche informellen Gesprächsgelegenheiten werden von allen Beteiligten jeweils sehr geschätzt.
An den Stiftungsratssitzungen wurden neben den jährlich wiederkehrenden Geschäften zur Jahresrechnung bzw. zum Budget, folgende Traktanden behandelt und entschieden:
Projekt zum Ausbau einer angemessenen Wohnung für die Leiterpaarfamilie in der Einrichtung Dählenhof Safnern
Das langjährige Anliegen konnte dank der stark verbesserten Kooperation mit der Hausbesitzerin, der Stiftung Elfenau, konkretisiert werden. Ende 2022 stimmte der Stiftungsrat dem vorgelegten Projekt sowie der zu erwartenden Mietzinserhöhung zu. So wird nach einer intensiven Planungsphase im Jahr 2023 ein Umbau realisiert werden können, der es dem Leiterpaar erlauben wird, im Haus und damit nahe bei den betreuten Pflegekindern wohnhaft bleiben zu können und dennoch zusammen mit ihren leiblichen Kindern über eine gewisse Privatsphäre zu verfügen. Auf diese Weise kann einer der Kernpunkte des Betreuungskonzepts der Stiftung arboa künftig auch in dieser Einrichtung optimal umgesetzt werden.
Kooperation mit der Firma Social Web zur Führung der Klientendossiers
Auf Antrag der Leiterpaare der drei Einrichtungen wurden vertiefte Abklärungen getroffen, inwieweit die Dossiers der betreuten Kindern in den Bereichen Fallführung, Förderplanung und Journal professioneller, effizienter und datenschutzkonform geführt werden können. Nach internen Abklärungen im Hinblick auf eine eigene elektronische Lösung entschied der Stiftungsrat, eine Zusammenarbeit mit der Firma SocialWeb einzugehen, welche eine Plattform und Informatikinstrumente zur Verfügung stellt, die unmittelbar auf sozialpädagogische Einrichtungen im Kanton Bern zugeschnitten sind. Mit der Schulung der Mitarbeitenden in zwei der drei Einrichtungen konnte dieses Projekt gegen Ende Jahr bereits in Tat umgesetzt werden; die dritte Einrichtung wird diesen Schritt im Jahr 2023 vollziehen.
Anpassung an die neue Gesetzgebung KFSG im Kanton Bern
Per 1. Januar 2022 trat die umfassend neue Gesetzgebung KFSG in Kraft, welche den sozialpädagogischen Betreuungseinrichtungen im Kanton Bern einen neuen Rahmen, neue Vorschriften und neue Berechnungsmodelle gibt. Im Laufe des Jahres galt es, auf Ebene der Stiftung als Trägerschaft der drei Einrichtungen letzte Anpassungen als Nachvollzug der neuen Vorgaben vorzunehmen. So wurde ein Reglement für den Infrastrukturfonds genehmigt und einige Anpassungen im Bereich der Rechnungslegung vorgenommen. Die Zusammenarbeit mit der neuen Aufsichtsbehörde (die in unserem Fall der bisherigen entspricht), dem Kantonalen Jugendamt, gestaltete sich dabei stets konstruktiv und angenehm.
Vorarbeiten zur Auslaufphase der aktuellen Betreuungsgeneration im Birkenhof Aarberg
Durch die besondere Nähe der Leiterpaare zu den betreuten Kindern ergeben sich in unseren Einrichtungen jeweils am Übergang zwischen zwei Betreuungsgenerationen sensible Phasen, welche einer guten Planung bedürfen. Eine solche Phase ist in der Einrichtung Birkenhof Aarberg nun bevorstehend. Im Zeitraum 2026 – 28 wird das aktuelle Leiterpaar den Birkenhof verlassen, die meisten der von ihnen langjährig – teilweise mehr oder weniger seit Geburt – betreuten Pflegekinder werden dann die Volljährigkeit und Selbständigkeit erlangt haben. Der Geschäftsführer und der Stiftungsrat haben deshalb gegen Ende des Berichtsjahres damit begonnen, sich mit möglichen Szenarien auseinanderzusetzen, welche es erlauben werden, sowohl den Abgang des bis dahin annähernd 20 Jahre im Einsatz stehenden Leiterpaars Vonäsch wie auch die Neugestaltung einer Nachfolgeeinrichtung für alle Beteiligten verträglich aber auch finanziell tragbar zu gestalten. Eine erste Massnahme besteht darin, dass mit dem Kantonalen Jugendamt ein zusätzlicher Leistungsvertrag abgeschlossen werden konnte, mit dem auch die kurzfristige Aufnahme von Pflegekindern ermöglicht wird.
Diverse weitere Geschäfte
Neben diesen grossen „Brocken“ beschäftige sich der Stiftungsrat auch mit einigen kleineren, alltäglichen Themen:
- Gewährung von Beiträgen an die Weiterausbildung der Leiterpaare, einerseits im Hinblick auf die vertieftere Qualifikation für die Aufgaben der Standortleitung, andererseits im Hinblick auf die Ermöglichung einer weiteren angemessenen beruflichen Tätigkeit nach dem Abgang aus der Stiftung arboa.
- Unterstützung des Aufbaus von zwei Kleintieranlagen in der Ferme du Soleil und im Dählenhof Safnern.
- Abklärungen betr. der Möglichkeit zum Aufbau einer Solaranlage auf dem Dach des Gebäudes Birkenhof Aarberg.
Dazu befasste sich der Stiftungsrat wie jedes Jahr an seiner Retraite mit der Frage der strategischen Ausrichtung der Stiftung, insbesondere mit der Überprüfung des Bedarfs nach Beibehaltung oder gar Erweiterung des aktuellen Angebots.
Die Belegung der drei Einrichtungen entwickelte sich auch im Berichtsjahr grundsätzlich erfreulich. In den ersten Monaten 2022 konnten die Plätze im Dählenhof Safnern vollständig belegt werden. Im März musste allerdings schweren Herzens die Umplatzierung eines Pflegekindes vorgenommen werden, da die Belastung des Leiterpaars und des ganzen Systems durch das Verhalten der Kindseltern ein unerträgliches Mass angenommen hatte. In der Folge wurden Anfragen zur Aufnahme weiterer Kinder vorerst zurückhaltend behandelt, um der Einrichtung die nötige Erholungszeit zu gewähren. Ende Jahr wurde schliesslich ein Aufnahmestopp für diese Einrichtung erlassen, um im Hinblick auf die Bauphase über genügend Platz zu verfügen. So werden bis gegen Ende 2024 sieben statt 8-9 Pflegeplätze zur Verfügung stehen. Diese sind stabil belegt.
Letzteres galt auch für die Einrichtung Birkenhof Aarberg. Eine anfänglich auf dem Platz für kurzfristige Platzierungen erfolgte Aufnahme wurde in der Folge in eine ordentliche Platzierung umgewandelt, die Jugendliche blieb schlussendlich 15 Monate im Birkenhof.
Auch in der Ferme du Soleil gab es trotz des Abgangs von drei Brüdern im Laufe des Jahres 2022 kaum Leerstände. Das Leiterpaar entschloss sich, wieder Kinder in sehr tiefem Alter aufzunehmen, um ihnen die volle Betreuungsqualität in unserem auf intensive Beziehungsgestaltung und das Ermöglichen von Bindungserfahrungen angelegten Konzept zu ermöglichen. So leben aktuell wieder drei Kinder im Vorschulalter, darunter zwei Säuglinge, in der Ferme du Soleil.
Die finanzielle Situation der Stiftung darf nach Einschätzung des Stiftungsrats weiterhin als solid bezeichnet werden. Die in früheren Jahren angelegten Reserven dienen als Basis dafür, dass der Erfüllung des Stiftungszwecks auch in den nächsten Jahren nichts im Wege stehen wird. In geringem Mass fliessen der Stiftung auch immer wieder Zuwendungen von Privatpersonen in Form von Spendengeldern oder Kollekten anlässlich von Trauerfeiern zu. Die Verwendung dieser Gelder ist im „Reglement über die Spendenfonds in der Stiftung arboa“ geregelt. Es wurden unter anderem die oben erwähnten Kleintieranlagen, auswärtige Ferien- und Freizeitaktivitäten der drei Einrichtungen sowie individuelle Freizeitaktivitäten einzelner Kinder finanziert. Zudem wurden im Namen der Stiftung jedem Kind ein kleines individuelles Geburtstaggeschenk sowie den drei Einrichtungen je ein grossartiges Weihnachtgeschenk, das allen Bewohner/innen gleichermassen zu Gute kommt, übergeben.
Der Geschäftsführer berichtete im Laufe des Jahres dem Präsidenten, den einzelnen Ressortverantwortlichen oder dem Gesamtstiftungsrat regelmässig über seine weiteren Tätigkeiten. Diese bestanden neben der administrativen Führung der Geschäfte, dem Lohn- und Personalwesen oder der Vorbereitung und Koordination der wesentlich umfangreicher gewordenen Berichterstattung an die Aufsichtsbehörde insbesondere in der nahen Begleitung der Leiterpaare als Ansprechperson in pädagogischen und betrieblichen Fragen. Dazu traf er sich monatlich mit jedem Leiterpaar zu einer intensiven Austauschsitzung und führte zwischenzeitlich unzählige Telefongespräche zur Klärung von kleineren oder grösseren aktuellen Fragen.
Ein zunehmend belastendes Problem stellt die personelle Besetzung der Mitarbeiterteams dar. Der Fachkräftemangel machte sich auch in unseren drei Einrichtungen bemerkbar. Die spezielle Situation mit den im Haus wohnhaften und dadurch überdurchschnittlich präsenten Leiterpaaren als Standortleitung stellt an die von extern kommenden Mitarbeitenden hohe Anforderungen. In den letzten Jahren konnten immer wieder Sozialpädagog/innen rekrutiert werden, die dafür in besonderem Mass geeignet sind. Durch die sinkende Zahl der eingehenden Bewerbungen war das letzthin nun nicht mehr auf Anhieb gewährleistet. Dennoch gelang es uns glücklicherweise immer wieder, Mitarbeitende zu finden, die sich mit unseren Aufgaben und dem bestehenden Konzept identifizieren, so dass wir auch weiterhin den langjährig bei uns platzierten Pflegekindern die gewünschte Betreuungsqualität anbieten können.
Der Dank des Präsidenten geht dieses Jahr deshalb zunächst an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den drei Einrichtungen und insbesondere an die drei Leiterpaare, die sich mit ihrer ausserordentlich hohen Präsenz in den Einrichtungen und mit viel persönlichem Engagement für das Wohlbefinden und die bestmögliche Entwicklung der ihnen anvertrauten Pflegekinder einsetzen. Er schliesst aber selbstverständlich auch die Mitglieder des Stiftungsrats ein, die durch ihre vertiefte Auseinandersetzung mit den Anforderungen unserer Stiftung als Trägerschaft der drei Einrichtungen im Rahmen der Stiftungsratssitzungen oder durch die zusätzliche Begleitung von Einzelgeschäften jede/r vor dem Hintergrund seiner spezifischen Fachkompetenzen massgeblich dazu beigetragen haben, dass auch das Jahr 2022 für die Stiftung arboa mit Fug und Recht als ein erfolgreiches angesehen werden kann.
Pierre-Yves Moeschler
Präsident der Stiftung Arboa